Die Westenergie-Tochter digikoo GmbH stellt Kommunen, Stadtwerken, Netzbetreibern und Versorgungsunternehmen Daten sowie digitale Analyse- und Prognosesysteme für die Gestaltung der Energiewende zur Verfügung. Jetzt kommt mit der neuen Version 2.0 des digipads ein digitales Werkzeug des Unternehmens auf den Markt, das Städte und Gemeinden bei der Kommunalen Energiewende unterstützt. Wie? Das verrät die neue Geschäftsführung der digikoo GmbH, Catharina Friedrich im Interview:

Frau Friedrich, bisher hatten Sie viel mit den physischen Leitungen für Strom und Erdgas zu tun. Jetzt leiten Sie digikoo. Welchen Bezug haben Sie zu Daten und Digitalem? 

Ich bin im Herzen Mathematikerin und habe in Elektrotechnik promoviert. Das Promotionsthema war bereits ein Zukunfts- und Prognosemodell. Insofern schließt sich für mich ein Kreis. Und im Umfeld von Mathematiker*innen, Netzwirtschaft, Data Science und dem Data Engineering fühle ich mich sehr wohl. 


Porträtbild Dr. Catharina Friedrich

Dr. Catharina Friedrich, Diplom-Mathematikerin und promovierte Elektroingenieurin. In der Energiewirtschaft arbeitete sie zunächst bei der RWE Rhein-Ruhr Netzservice GmbH. Im Jahr 2015 übernahm sie die Leitung des Regionalzentrums Sieg der Westnetz GmbH. In dieser Funktion verantwortete sie gemeinsam mit rund 200 Mitarbeiter*innen Planung, Bau und Betrieb der Strom- und Gasverteilnetze. 

Im Jahr 2020 wurde Catharina Friedrich in den Vorstand der rhenag Rheinische Energie AG berufen. Dort war sie zuständig für das operative Energiegeschäft vom Vertrieb über technische Themen bis zu erneuerbaren Energien. Am 1. April 2024 übernahm sie die Geschäftsführung der Westenergie-Tochter digikoo GmbH. 

Warum können Daten die Kommunen bei ihren künftigen Herausforderungen so gut unterstützen? 

Daten sind entscheidend für die Erfassung des Ist-Zustands. Jede Kommunale Wärmeplanung beginnt mit einer Bestandsaufnahme, die als Grundlage für die Potenzialanalyse, die Entwicklung von Zielszenarien und letztendlich für die Wärmewende-Strategie dient. digikoo verfügt bereits über umfangreiche Daten: öffentlich zugängliche, statistische Daten, die wir miteinander abgeglichen und somit nochmals wertvoller gemacht haben. Da wir diese Daten bereits besitzen, können wir Bestandsanalysen und in der Folge Potenzialanalysen äußerst effizient und zügig durchführen.

Was sind das für Daten?

Es handelt sich um öffentlich zugängliche Materialien, wie etwa Daten aus dem bundesweiten Zensus, vom Kraftfahrtbundesamt, Solarkataster der Landesämter und statistische Daten zum Baubestand. Unsere digikoo Datenbasis verfügt zum Beispiel über Informationen zu etwa 22 Millionen Gebäudedaten. Aus diesen vielfältigen Quellen schaffen wir die bestmögliche Datenbasis, die derzeit verfügbar ist.

Was haben die Kommunen davon? 

Mit den vorliegenden öffentlichen Daten haben wir bereits die ersten beiden Schritte der Kommunalen Wärmeplanung abgeschlossen. Natürlich müssen wir diese Daten noch um aktuelle Realdaten ergänzen, beispielsweise Angaben der Netzbetreiber zum Energieverbrauch, und alles sorgfältig prüfen und validieren. Zeitaufwendige Prozesse wie Haustür-Umfragen entfallen jedoch. Dadurch bieten wir einen zeitlichen Vorsprung und ermöglichen einen Schnellstart in die kommunale Wärmeplanung.

Was erhalten die Kommunen noch für die Kommunale Wärmeplanung? 

Unsere Plattform digipad besticht vor allem durch ihre kartenbasierte Darstellung. Beginnend mit der Bestands- und Potenzialanalyse lassen sich die Ergebnisse der Zukunftssimulationen für verschiedene Zeiträume und Ausgangsparameter besonders transparent über kartografische Elemente darstellen. Das ist viel leichter verständlich als eine rein textliche Aufbereitung oder über Tabellen und Balkengrafiken. 

Wozu ist diese Kartendarstellung – neben der Verständlichkeit – noch nützlich? 

Sie unterstützt die Kommunikation in der Kommune und dient als Werkzeug für Berater*innen und Planer*innen. Einzelne Teilgebiete können in unterschiedlicher Detailtiefe und verschiedenen Aggregationsstufen angezeigt werden, selbstverständlich DSGVO-konform anonymisiert. Daten werden nicht für jedes einzelne Haus, sondern ebenfalls datenschutzkonform in sogenannten Baublöcken, die mehrere Häuser zusammenfassen, dargestellt.

Und wie können Kommunen mit den Ergebnissen arbeiten?

Man sieht Energie- und Wärmebedarfe im Ist-Zustand, man sieht Potenziale für regenerative Erzeugungsmöglichkeiten, sogenannte Wärmedichtelinien aufgrund der Bebauung, und erhält so bereits eine Vorstellung, wo in welchem Stadtgebiet sich zum Beispiel der Aufbau eines Wärmenetzes lohnen würde. Man könnte sagen, wir stellen einen digitalen Zwilling der jeweiligen Kommune her. 

Aber Kommunen wandeln sich doch ständig. Wie gehen Sie mit sich verändernden Parametern um? 

Kommunale Wärmeplanungen müssen immer wieder aktualisiert werden. Wir können beispielsweise den Sanierungsstatus der Häuser in einem Viertel simulieren, der kann sich kontinuierlich ändern, wie auch Heizungstechnologien und die Wärmebedarfe. Oder wenn sich zum Beispiel durch Gewerbeansiedlungen neue Quellen für industrielle Abwärme ergeben. 

Haben Sie dafür auch künstliche Intelligenz (KI) im Einsatz? 

Um unsere Daten noch realistischer zu gestalten, testen wir bereits eine Anwendung von KI. Manchmal vergehen Jahre, bis zum Beispiel Daten zu einem Neubaugebiet zugänglich sind. Auch bei komplexen Industriestrukturen ist die Datenlage schwierig. In beiden Fällen testen wir gerade einen algorithmischen KI-Ansatz, um die Eingangsdaten zu optimieren.

Kann man also sagen, dass digipad 2.0 ein ideales Tool für die Wärmewende ist? 

Mehr als das. Es geht um die Energiewende insgesamt. Dazu gehören zum Beispiel auch erneuerbare Energien oder die Mobilitätswende. Die sich verändernden Bedarfe, wie beispielsweise ein erhöhter Strombedarf anstelle von Flüssigtreibstoffen, beeinflussen den Aus- und Umbau der Infrastruktur. digipad liefert eine objektive und transparente Basis für Zukunftsprognosen – und damit für Planungssicherheit über alle Infrastrukturen. 

Und das funktioniert auch für langfristige Planungen?

Es geht darum, die CO2-Neutralität von Kommunen herzustellen. Ich möchte nicht über das Ende in 25 Jahren sprechen, sondern über den Anfang und die notwendige Unterstützung zu Beginn. Da hilft es, über Daten und Simulationen wirtschaftlich umsetzbare Lösungen zu finden. Es geht darum, jetzt den ersten Schritt in die Zukunft zu machen. Und dann den nächsten Schritt folgen zu lassen. 

Welche Rolle hat digikoo dabei? 

Das Unternehmen digikoo sieht sich als Motor der Energie- und Wärmewende, weil wir unterstützen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Mit einem Team aus Expert*innen der Energiewirtschaft, Netzwirtschaft und dem Bereich IT und Daten verfügen wir über ein außergewöhnliches Fachwissen und langjährige Erfahrung im Energiesektor. 

Können Sie das auch leisten, falls jetzt alle Kommunen im Gebiet von Westenergie gleichzeitig Ihre Unterstützung haben wollen? 

Die digikoo übernimmt nicht alles. Unser Metier ist der technische Teil, Daten und Simulationen. Zur Kommunalen Wärmewende kommen dann noch das Stakeholder-Management, die Kommunikation in der Kommune und weitere notwendige Faktoren zum Einsatz. Dafür gibt es weitere Expert*innen. Auch die wärmelokal GmbH, ein Joint Venture von Westenergie und DSK, der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft, gehört dazu. Aber weil wir von digikoo datengetrieben und digitalisiert unterwegs sind, können wir unseren Part ganz leicht skalieren. 

Das hört sich so an, als würde die Energiewende auch einer Mathematikerin am Herzen liegen. 

Mir und allen bei digikoo, diesem konzerninternen Start-up im Umfeld von Westenergie und E.ON. Ich freue mich sehr, ein solch enthusiastisches und kompetentes Team übernehmen zu dürfen. Ich treffe ausschließlich auf Leute, die die Energiewende nach vorne bringen möchten. Und solche, die die Kommunen bei diesem Ziel unterstützen wollen und werden.