Essen,
23
Oktober
2020
|
15:29
Europe/Amsterdam

Bioreaktor-Anlage aus dem Projekt ORBIT geht im Tecklenburger Land ans Netz

Gaben Startschuss für die Produktion und Einspeisung von grünem Methan aus dem ORBIT-Bioreaktor: (v. l.) Prof. Dr. Michael Sterner, Leiter Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher an der OTH Regensburg, Anja Karliczek, Bundesministerin für Bildung und Forschung, Harald Heß, Technikvorstand der Westenergie, und Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

  • Von Regensburg nach Ibbenbüren: Bundesforschungsministerin gibt Startschuss für Felderprobung

Startschuss für die Produktion und Einspeisung von grünem Methan aus dem neuartigen ORBIT-Bioreaktor: Am 23. Oktober 2020 wurde die zusätzliche Methanisierungsstufe aus dem von der OTH Regensburg koordinierten Verbundvorhaben ORBIT in Ibbenbüren als Ergänzung zu der von Westenergie seit 2015 bestehenden Power-to-Gas-Anlage offiziell in Betrieb genommen. Zu dem Termin reisten auch die Bundesministerin für Bildung und Forschung Anja Karliczek sowie Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, an.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek: „Die Power-to-Gas-Anlage in Ibbenbüren ist ein Beispiel dafür, wie wir die klimaneutrale Energieversorgung der Zukunft aufbauen können: Mit Innovationen, Tatkraft und in Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Zukunftsweisende Lösungen wie diese schaffen neue Wertschöpfung und Arbeitsplätze – und sorgen dafür, dass wir eine lebenswerte Welt an unsere Kinder und Enkel weitergeben können.“

Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, schließt sich an: „Wasserstoff und dessen Derivate sind Schlüsselelemente zur Vollendung der Energiewende. Dafür brauchen wir Projekte wie ORBIT, die innovative Ansätze in die Anwendung überführen. So können wir den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien Realität werden lassen und unsere ambitionierten Ziele erreichen. Der Erfolg des Projekts zeigt auch, dass wir mit unserer Unterstützung der Energieforschung einen wichtigen Beitrag leisten können.“

Nach erfolgreichem Testbetrieb auf dem gemeinsamen Campus der OTH und der Universität Regensburg wird die Methanisierungsanlage jetzt bis Ende dieses Jahres in Ibbenbüren im Feld erprobt. Hier bezieht sie grünen Wasserstoff aus einem mit erneuerbarem Strom betriebenen Elektrolyseur und Kohlenstoffdioxid aus der Bioethanolproduktion und speist das erzeugte grüne Gas ins Gasnetz des Tecklenburger Landes ein. Prof. Dr.-Ing. Michael Sterner, Leiter der an der OTH Regensburg ansässigen Forschungsstelle Energienetze und Energiespeicher (FENES) sagt: „Hier wird die Wasserstoffrepublik Deutschland Realität: durch die konstruktive und interdisziplinäre Zusammenarbeit konnten wir innerhalb kurzer Zeit ein funktionierendes System von der Grundlagenforschung bis in die Anwendung im Feld bekommen.“„Im Zuge der fortschreitenden Energiewende werden Energiespeicher zum Ausgleich zwischen schwankender Erzeugung und Verbrauch immer wichtiger. Die Power-to-Gas-Technologie spielt dabei eine Schlüsselrolle. Hier in Ibbenbüren weisen wir jetzt nach, dass die Technologie auch reif für die Anwendung ist“, sagt Verbundkoordinator und FENES-Mitarbeiter Martin Thema.

ORBIT steht für ‚Optimierung eines Rieselbett-Bioreaktors für die dynamische mikrobielle Biosynthese von Methan mit Archaeen in Power-to-Gas-Anlagen‘. Das Forschungsprojekt läuft seit Juli 2017 und wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit 1,14 Millionen Euro gefördert. Es hat zum Ziel, bis Ende 2020 die biologische Methanisierung als effiziente Energiespeicher- und Sektorkopplungstechnologie für die Zukunft weiterzuentwickeln. Das ist ein Prozess, in dem regenerativ erzeugter Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid von Methan-produzierenden Archaeen zu Methan umgewandelt werden. Archaeen sind Mikroorganismen und gehören zu den ältesten Lebewesen der Erde, die sich vor über 3,5 Milliarden Jahren entwickelten. Methanogene Archaeen kommen in sauerstofffreien Lebensräumen wie Mooren und Sümpfen, geothermalen Quellen oder der Tiefsee aber etwa auch im Verdauungstrakt des Menschen und anderen Säugetieren vor. Das produzierte Methan kann als Ersatz für fossiles Erdgas dazu beitragen eine erneuerbare Energieversorgung der Zukunft mitzugestalten.

Dr. Marc Schrameyer, Bürgermeister von Ibbenbüren, sagt: „Der Kreis Steinfurt und mit ihm Ibbenbüren haben sich nicht umsonst darum beworben, Wasserstoffmodellregion zu werden. Die Anzahl der EEG-Anlagen ist hier überdurchschnittlich hoch und es kommen täglich neue hinzu. Wenn die Energiewendegelingen soll, muss es uns gelingen, diesen regenerativ erzeugten Strom auch zu speichern. Batteriezellen sind der eine Weg, Wasserstoff und Methan der andere. Ich freue mich, dass auch diese weitere Schlüsseltechnologie neben den Batteriezellen zukünftig in Ibbenbüren erforscht wird.“

„Bereits im Jahr 2015 haben wir die Power-to-Gas-Anlage in Ibbenbüren in Betrieb genommen und seitdem in über 7.500 Betriebsstunden wertvolle Erfahrungen im Bereich der Sektorkopplung gesammelt. Dabei zeigen wir erfolgreich die gesamte Kette von der Erzeugung des Wasserstoffs bis zur Rückverstromung in einem Blockheizkraftwerk. Mit der Abwärmenutzung erreichen damit einen Gesamtwirkungsgrad von 75 Prozent. Mit dem Projekt ORBIT kommt eine Methanisierungsstufe hinzu. Mit dem Gesamtkonzept zeigen wir exemplarisch das große Potenzial der Wasserstofftechnologie und liefern eine Blaupause für den industriellen Maßstab“, sagt Harald Heß, Technikvorstand der Westenergie.

Projektpartner sind die Universität Regensburg mit dem Lehrstuhl für Mikrobiologie und Archaeenzentrum Regensburg, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mit dem Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik sowie aus der Industrie die Firmen Electrochaea GmbH, microbEnergy GmbH (Viessmann Group) und MicroPyros GmbH. Als assoziierte Partner stellen die Westenergie AG und ihr Verteilnetzbetreiber Westnetz GmbH die Infrastruktur für die Erprobung im Feld zur Verfügung und waren Gastgeber für den heutigen Termin. Der DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfachs) ist mit seiner Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie als Projektbeirat beteiligt.